- 05.07.2010, 11:22:08
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Pneumokokken-Schutzimpfung - Chancen für die Volksgesundheit
Wien (OTS) - Pneumokokken (wissenschaftlicher Name: Streptococcus
pneumoniae) sind Bakterien, die schwere Infektionen wie
Blutvergiftung, Gehirnhaut-, Lungen- oder Mittelohrentzündung
verursachen können. Weltweit sterben jährlich geschätzte 830.000
Kinder unter sechs Jahren an einer Pneumokokkeninfektion.1) Laut
einer österreichweiten Studie liegt die durchschnittliche Zahl der
jährlichen Neuerkrankungen an IPD (Invasive pneumococcal disease) bei
7,2 pro 100.000 Einwohnern.2) Bei Säuglingen, Kleinkindern, älteren
Menschen und Personen mit chronischen Grundleiden können Pneumokokken
besonders gefährlich werden.
Streptococcus pneumoniae ist ein ovales, unbewegliches, meist in
Paaren gelagertes Bakterium. Die natürliche Besiedelung des
Nasen-Rachen Raums erfolgt während der ersten beiden Lebensjahre.
Pneumokokken leben auf der Schleimhaut des oberen Atemtrakts und
verursachen bei gesunden Menschen mit intaktem Immunsystem
normalerweise keine Beschwerden. Aufgrund ihrer Fähigkeit zur
Kapselbildung sind die Bakterien vor einem Angriff des menschlichen
Immunsystems geschützt. Ebendiese Eigenschaft macht sie zu
gefährlichen Krankheitserregern. Serologisch unterscheidet man
aufgrund dieser Polysaccharidkapsel 90 verschiedene Typen des
Bakteriums.
Besonders gefährdet sind Säuglinge, Kleinkinder, sowie Personen über
65
Eine Übertragung von Pneumokokken erfolgt in der Regel über
Tröpfcheninfektionen (Niesen, Sprechen, Husten). "Vor allem Säuglinge
und Kleinkinder unter fünf Jahren, sowie ältere Menschen über 65
werden vermehrt Opfer von Pneumokokken-induzierten Erkrankungen.
Pneumokokkeninfektionen in diesen Altersgruppen sind häufig, da die
Immunabwehr bei Kindern gegen bekapselte Erreger noch nicht
ausreichend gut und bei älteren Menschen durch die Alterung des
Immunsystems nicht mehr so stark ausgeprägt ist. Auch chronisch
kranke Menschen haben naturgemäß ein schwächeres Immunsystem und sind
so verstärkt der Gefahr durch Pneumokokkeninfektionen ausgesetzt",
warnt Priv.-Doz. Dr. Martina Prelog von der Universitätsklinik für
Pädiatrie I in Innsbruck vor der Gefährlichkeit
Pneumokokken-induzierter Infektionskrankheiten.
Pneumokokken sind Auslöser zahlreicher Erkrankungen
Erkrankungen wie Hirnhautentzündungen (Meningitis),
Blutvergiftungen (Sepsis), Lungenentzündungen (Pneumonie) oder
Mittelohrentzündungen (Otitis media) liegt häufig eine Infektion mit
Pneumokokken zugrunde. Schwere Erkrankungen wie Meningitis, Sepsis
und bakterielle Pneumonie gelten als invasive Pneumokokkeninfektionen
und gefährden vor allem Säuglinge und Kleinkinder. "Im
Kindergartenalter sind bis zu 60 Prozent der Kinder Träger der
Bakterien. Im Grundschulalter beträgt die Trägerrate noch etwa 35
Prozent. Dies bedeutet nicht unmittelbar, dass das Kind an einer
Infektion erkrankt. Die Besiedelung mit Pneumokokken kann auch ohne
Krankheitssymptome erfolgen", erläutert Dr. Prelog. Dennoch werden,
aufgrund der hohen Übertragungswahrscheinlichkeit im Kindesalter,
etwa zwei Drittel aller eitrigen Meningitisfälle
(Gehirnhautentzündung) bei Kindern unter fünf Jahren beobachtet. Eine
rasche Verabreichung von Antibiotika kann bei dieser Erkrankung
lebensrettend sein. Dennoch kann es zu schweren Folgeschäden wie
Lähmungen, Gehirn- und Hörschäden kommen. Auch Mittelohrentzündungen
werden in 30 bis 50 Prozent der Fälle durch Pneumokokken verursacht.
Bei Kindern unter sechs Monaten, sowie bei schweren Verläufen sollte
eine Mittelohrentzündung unbedingt mit Antibiotika behandelt werden.
Schwerhörigkeit mit Sprach- und intellektueller
Entwicklungsverzögerung, Hirnabszesse sowie Hirnhautentzündungen
können die Folge dieser oftmals unterschätzten Erkrankung sein.
Bei diesen schweren Erkrankungen sind lange Krankenhausaufenthalte
oft unvermeidbar. Das Krankenpflegepersonal spielt in diesen Fällen
eine wichtige Rolle für die Erkrankten. Speziell bei der Betreuung
von jungen Patienten ist die emotionale Komponente wesentlich - der
Aufbau und die Pflege eines persönlichen Bezugs zum Patienten und der
Familie sind wichtig. "Pneumokokken-induzierte Erkrankungen wie
Gehirnhaut- oder Lungenentzündungen verursachen bei Kindern und deren
familiären Umfeld enormes Leid. Daher ist es in solchen Fällen noch
wichtiger die Familie einzubinden. Die Eltern sollten in jeden
Schritt der Behandlung und Pflege einbezogen und möglichst nicht oder
nur kurz von den Kindern getrennt werden", meint Martha Böhm,
Präsidentin des Berufsverbandes Kinderkrankenpflege Österreich.
Impfung gewährleistet Schutz vor Pneumokokkeninfektionen
Pneumokokken zirkulieren permanent in der Bevölkerung, einen
Schutz vor den Bakterien selbst gibt es nicht. Nur eine
Pneumokokken-Schutzimpfung kann vor Pneumokokkenerkrankungen
schützen. Kinder bis fünf Jahre und ältere Personen über 65 sollten
unbedingt geimpft werden, wobei momentan noch unterschiedliche Arten
von Impfstoffen für Kinder und ältere Personen über 65 Jahren zur
Verfügung stehen. Für alle Kinder bis 5 Jahre, Menschen mit
chronischen Krankheiten sowie für Personen, die sich einer
immunsuppressiven Therapie (wie etwa Krebspatienten oder
Transplantierte) unterziehen, wird die Pneumokokkenimpfung laut
österreichischem Impfplan empfohlen. Finanziert durch die öffentliche
Hand wird die Pneumokokken-Schutzimpfung in Österreich lediglich für
Risikokinder. Für die Pneumokokken-Schutzimpfung stehen in Österreich
zwei neue Impfstoffe zur Verfügung. Ein 10-valenter Impfstoff, der 10
Serotypen und damit etwas mehr als zwei Dritter aller in Österreich
bei Kindern nachgewiesenen invasiven Serotypen abdeckt, und ein
kürzlich zugelassener 13-valenter Impfstoff, der 13 Serotypen und
damit rund 80 Prozent der invasiven Serotypen abdeckt. Der 13-valente
Impfstoff bietet zusätzlich Schutz vor den Serotypen 19A, 6A und 3.
"Durch den 13-valenten Pneumokokken-Konjugatimpfstoff werden
Säuglinge und Kleinkinder sehr gut geschützt", untermauert Dr. Ernst
Wenger, Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde in Hallein, die
Zuverlässigkeit des 13-valenten Impfstoffs. Der Serotyp 19A gilt als
häufiger Verursacher schwerwiegender invasiver
Pneumokokkenerkrankungen sowie akuter Mittelohrentzündungen. Die
Serotypen 19A und 6A weisen außerdem in vielen Ländern bereits
mehrfache Antibiotikaresistenzen auf. Der Serotyp 3, der im
13-valenten Impfstoff enthalten ist, ist ebenfalls an der Entstehung
invasiver Pneumokokkeninfektionen beteiligt.3) "In nahezu allen
anderen europäischen Ländern wird bereits der 13-valente Impfstoff,
mit einer deutlich höheren Serotypenabdeckung von rund 80 Prozent
verwendet und von der öffentlichen Hand für alle Kinder finanziert",
macht Univ.-Prof. Dr. Herwig Kollaritsch, Facharzt für Spezifische
Prophylaxe und Tropenmedizin an der Medizinischen Universität Wien,
auf die derzeitige Situation in Österreich aufmerksam.
Formen der Finanzierung von Kinderschutzimpfungen
In Österreich gibt es drei verschiedene Finanzierungsformen von
Schutzimpfungen bei Kindern. Bei der Vollfinanzierung durch den Staat
leiten Mutter-Kind-Pass und Schulimpfaktionen durch das Impfsystem.
Die Kosten für die Impfungen werden auf Bund, Länder und
Sozialversicherung aufgeteilt. Die durch die öffentliche Hand
bezahlten Impfstoffe werden jährlich im Rahmen einer Ausschreibung
festgelegt. Bei der zweiten Finanzierungsform, der Teilfinanzierung
durch Sozialversicherungen und Länder, werden die Impfungen von
diesen subventioniert. Impfstoffe können zu verbilligten Preisen in
Apotheken erworben werden, zusätzlich muss das Impfhonorar beim Arzt
entrichtet werden. Die dritte Form der Finanzierung bilden Impfungen
ohne öffentlichen Zuschuss. Die Kosten für Impfungen müssen selbst
getragen werden, was ein hohes Maß an Eigeninitiative voraussetzt und
hohe Kosten nach sich zieht. Die Pneumokokkenimpfung wird in
Österreich nur für Risikokinder erstattet. Für Eltern, die ihre
gesunden Kinder ebenfalls impfen lassen wollen, beläuft sich der
Preis pro Impfdosis auf 108 Euro. Für eine komplette Immunisierung
sind vier Teilimpfungen notwendig. Zweimal pro Jahr ist der Preis der
Impfung im Zuge einer Impfaktion auf 72,40 Euro (Privatverkaufspreis
inklusive Mehrwertsteuer) verbilligt. Auch das Impfhonorar für den
Arzt ist während dieser Aktion von 15 Euro auf 12 Euro herabgesetzt.
Impfungen haben eine wichtige volkswirtschaftliche Bedeutung
Impfungen können positive gesamtgesundheitliche Effekte erzielen,
wodurch Kosten im Gesundheitssystem für langwierige
Krankenhausaufenthalte, Folgekosten einer Behinderung und
Dienstentfall der betreuenden Personen oder der Patienten selbst
eingespart werden können. Dies trifft insbesonders zu, wenn Kinder im
Rahmen von großangelegten Impfprogrammen immunisiert werden. "Bei
ausreichend hoher Durchimpfungsrate, die nur durch nationale
Impfprogramme zu erzielen ist, führt die Pneumokokkenschutzimpfung zu
einer so genannten Herdenimmunität.
Diese schützt auch andere, ungeimpfte Risikogruppen wie die ältere
Generation und kann einen deutlichen Rückgang resistenter
Pneumokokkenstämme gegen Penicilline und andere Antibiotikagruppen
bewirken", betont Priv.- Doz. Dr. Hans Jürgen Dornbusch, Facharzt für
Kinder- und Jugendheilkunde und Lehrbeauftragter der Universität
Graz, die Wichtigkeit von Impfprogrammen. Bereits nach der
Grundimmunisierung gegen Pneumokokken könnte man 5,7 Prozent aller
Antibiotika-Verordnungen nach einer Mittelohrentzündung einsparen.4
Pneumokokken-Schutzimpfung in Österreich im Vergleich zu anderen
Ländern
Die Finanzierung von Schutzimpfungen ist in Österreich noch nicht
adäquat organisiert, da dringend notwendige Erweiterungen der
öffentlichen Unterstützung aufgrund der derzeitigen
Finanzierungsformen oftmals nicht umgesetzt werden. Die Kosten für
die Immunisierung gegen Pneumokokken werden in Österreich derzeit nur
für Risikokinder (ca. 8-10 % aller Kinder) übernommen. Dies ist zwar
grundsätzlich positiv, jedoch bietet nur eine ausreichend hohe
Durchimpfungsrate bei allen Kindern effektiven Schutz im Sinne einer
Herdenimmunität. Nur ein solches Impfkonzept kann nachhaltig die
Häufigkeit von invasiven Pneumokokkenerkrankungen beeinflussen.
Österreich bildet im internationalen Vergleich hier leider das
Schlusslicht. Die meisten europäischen Länder haben die
Pneumokokkenimpfung bereits in ihr nationales Impfkonzept integriert.
Derzeit erhalten Kinder in 24 Ländern Europas die Schutzimpfung auf
Kosten der öffentlichen Hand.
Die in diesem Pressetext verwendeten Personen- und
Berufsbezeichnungen treten der besseren Lesbarkeit halber nur in
einer Form auf, sind aber natürlich gleichwertig auf beide
Geschlechter bezogen.
1) O'Brien et.al. Burden of disease caused by Streptococcus pneumoniae in children younger than 5 years: global estimates. The Lancet, Volume 374, Issue 9693, Pages 893 - 902 2) Rendi-Wagner P. et al., Vacchine 2009 3) Hiks LA et al.: Incidence of Pneumococcal Disease due to Non- Pneumococcal Conjugate Vacchine (PCV7) Serotypes in the United States during the Era of Widespread PCV7 Vacchination, 1998-2004, JID 2007 :196 4) Fireman B., et al. Pediatr Infect Dis J. 2003; 22:10-16
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